Journal des VDGN, 10-2019

 

Allianz gegen Straßenausbaubeiträge

Magdeburg: Bürgerinitiativen und VDGN bündeln ihre Kräfte

Vertreter von zehn Bürgerinitiativen haben am 19. Oktober 2019 in Magdeburg die Allianz gegen Straßenausbaubeiträge in Sachsen-Anhalt gegründet. Ziel der Allianz ist es, die ungerechte und unsoziale Zwangsabgabe endlich auch in Sachsen-Anhalt abzuschaffen und den Straßenausbau künftig mit Landesmitteln zu finanzieren. Unterstützt und koordiniert wird das Wirken der Allianz vom VDGN, der seit Jahren bundesweit für die Beitragsabschaffung kämpft und eine entsprechende Klage beim Bundesverfassungsgericht eingebracht hat. Die neu gegründete Allianz vertritt die Belange sachsen-anhaltinischer Grundstückseigentümer, die oftmals hilflos existenzbedrohenden Straßenausbaubeiträgen gegenüberstehen. Mit Hilfe des VDGN werden betroffene Anlieger im Widerspruchsverfahren, und falls erforderlich, auch bei Klagen und Gerichtsverfahren unterstützt.

Zu Sprecherinnen und Sprechern der Allianz wurden Petra Dräger-Röder (Bürgerinitiative Oranienbaum-Wörlitz), Stefanie Herbarth, (Bürgerinitiative Bad Lauchstädt), Monika Pfuhle (Bürgerinitiative Althaldensleben) und Christian Werner (Bürgerinitiative Aken) ernannt. Petra Dräger-Röder wurde zudem zur Regionalbeauftragten des VDGN für Bürger-initiativen in Sachsen-Anhalt berufen.

Die parteiübergreifende Allianz ist offen für weitere Bürgerinitiativen und Gruppierungen, die sich den genannten Zielen anschließen. Gleichzeitig wird Gemeindevertretern, Stadtverordneten, Bürgermeistern und Mitarbeitern von Verwaltungen ein Podium angeboten, um mit der Allianz gemeinsam auf eine entsprechende Änderung des Kommunalabgabengesetzes in Sachsen-Anhalt Einfluß zu nehmen.

VDGN-Vizepräsident Lothar Blaschke erklärte auf der Veranstaltung in Magdeburg: „Sachsen-Anhalt gehört neben Nordrhein-Westfalen zu den einzigen zwei Bundesländern, in denen die Kommunen noch zum Eintreiben der Straßenausbaubeiträge verpflichtet werden. In Berlin, Hamburg, Bayern, Mecklenburg-Vorpommern, Brandenburg und Thüringen wurden die Beiträge vom Gesetzgeber bereits gänzlich angeschafft. Auch in Sachsen-Anhalt gilt es nun, endlich die Zeichen der Zeit zu erkennen. Dabei richtet sich unsere Forderung vor allem an die Adresse der CDU, die bisher jeden Versuch abgeblockt hat, das Kommunalabgabengesetz in Sachsen-Anhalt entsprechend zu verändern.“

Die Landtagsabgeordnete der Linken, Kerstin Eisenreich, erinnerte als Gast der Veranstaltung daran, daß ihre Fraktion bereits einen Gesetzentwurf zur Abschaffung der Straßenausbaubeiträge mit entsprechenden Finanzierungsvorschlägen in den Landtag eingebracht hat. Konkret hat die Oppositionsfraktion vorgeschlagen, daß die Landeskasse den Gemeinden jährlich ein Budget für den Straßenausbau zur Verfügung stellt, um ihnen die Einnahmen-Ausfälle zu ersetzen. Innenminister und CDU-Landeschef Holger Stahlknecht verweigere sich jedoch bisher der Diskussion.

Auch der Grünen-Landtagsabgeordnete Olaf Meister betonte, daß die Straßenausbaubeiträge in Sachsen-Anhalt ein massives Akzeptanzproblem hätten. Die Grünen würden sich deshalb für deren Abschaffung einsetzen. Daß die schwarz-rot-grüne Koalition die Signale noch nicht entsprechend gestellt habe, liege an der CDU. Von deren Spitze gebe es ein klares Nein, während es an der Basis brodele. Meister sagte, das Thema Beitragsabschaffung müsse es nun in den Koalitionsvertrag der nächsten Landesregierung schaffen. Doch die Landtagswahl ist erst in zwei Jahren. Solange dürfe es nicht mehr dauern, machten die Vertreter der Bürgerinitiativen deutlich.

Hagen Ludwig

Hartnäckigkeit zahlt sich aus

VDGN begrüßt Aus für Straßenausbaubeiträge in Thüringen. Kritik am Stichtag

Auch in Thüringen hat die Landespolitik nun die Zeichen der Zeit erkannt. Am 12. September hat der Landtag in Erfurt einstimmig – bei Enthaltung der CDU – die Aufhebung der Straßenausbaubeiträge und eine entsprechende Änderung des Kommunalabgabengesetzes beschlossen. Der Gesetzentwurf war von den Regierungsfraktionen Die Linke, SPD und Bündnis 90/Die Grünen vorgelegt worden.

Dazu erklärte VDGN-Präsident Christian Gräff: „Wir sind sehr froh darüber, daß nun auch in Thüringen die Straßenausbaubeiträge abgeschafft wurden. Damit sind es bereits sieben Bundesländer, in denen diese unsoziale und ungerechte Kommunalabgabe nicht mehr erhoben wird. Weitere Bundesländer werden mit Sicherheit bald folgen. Für die vielen Eigenheimbesitzer in Thüringen freuen wir uns, daß sie in Zukunft keine Angst mehr vor horrenden Beitragsforderungen im vier- und fünfstelligen Bereich mehr haben müssen.“

Bei aller Anerkennung für die von der Koalition erarbeitete Gesetzesvorlage machte Gräff aber auch noch einmal deutlich, daß es vor allem die Bürger waren, die mit Unterstützung des VDGN und der Bürgerallianz die Abschaffung der Straßenausbaubeiträge in Thüringen hartnäckig erzwungen haben. Noch gut in Erinnerung ist die Aktion „Rote Karte für Straßenausbaubeiträge“, die im vergangenen Jahr von zehntausenden Thüringern unterstützt wurde. Ausdrücklich gewürdigt wurde dieses Engagement auch vom Thüringer Ministerpräsidenten Bodo Ramelow (Linke) auf einer Dankeschön- und Informationsveranstaltung am 16. Oktober in Arnstadt, zu der Vertreter der Bürgerinitiativen ebenso wie der VDGN eingeladen waren.

Kritisch sieht der VDGN hinsichtlich der Beitragsabschaffung in Thüringen vor allem aber die Stichtagsregelung, bei der der Gesetzgeber den Vorschlägen des Verbandes und der Bürgerallianz leider nicht gefolgt ist. Festgelegt wurde, daß die Gemeinden weiterhin Beiträge erheben für alle Straßenausbaumaßnahmen, bei denen die sachliche Beitragspflicht bis spätestens 31. Dezember 2018 entstanden ist. Maßgeblich soll dafür der Eingang der letzten Unternehmensrechnung für den Straßenausbau bei der Gemeinde sein. Für den Beitragszahler ist das schwer nachzuvollziehen.

In jedem Fall bedeutet diese Formulierung, daß es in Thüringen unter Berücksichtigung der vierjährigen Verjährungsfrist bis Ende 2022 noch Straßenausbaubeiträge geben wird, was viele Betroffene nicht verstehen werden.

Dazu Christian Gräff: „Gerecht wäre es gewesen, alle Grundstückseigentümer von Straßenausbaubeiträgen zu entlasten, die nach dem 31. Dezember 2018 einen Bescheid erhalten oder bisher noch keinen Bescheid bekommen haben. Damit hätte man die Zwangsbeiträge sofort ein für alle Mal erledigt.“

Nach der Beitragsabschaffung in Thüringen und zuvor in Mecklenburg und Brandenburg hoffen nun auch die Betroffenen in Sachsen-Anhalt auf eine entsprechende Änderung des Kommunalabgabengesetzes in ihrem Bundesland. Dort wurde am 19. Oktober eine Dachallianz der Bürgerinitiativen gegründet.

Hagen Ludwig